A. Suche nach Filmen zum Fußballsport des Film-und Fotolabors der Bundesschule des ATSB in Leipzig
Bedeutende Filmaufnahmen vom deutschen Arbeitersport wurden wohl erstmals 1922 auf dem I. Arbeiter-Turn- und Sportfest in Leipzig angefertigt. Bewegte Bilder vom
Arbeiterfußball sind erstmals von den Spielen ATSB – Frankreich 1924 sowie von den Bundesendspielen 1924 und 1925 verbürgt.
In der am 10. September 1926 übergebenen neu erbauten Bundesschule des ATSB in Leipzig wurde auch ein Film- und Fotolabor eingerichtet, das eigene Filme und Lichtbilder (Dias) herstellte. Es
wurde von den Leipziger Fotografen Ernst Seidel und Arthur Lange betrieben. Die Filme der Bundesschule wurden von Prof. H. J. Teichler (Potsdam) nach ihm vorliegenden Quellenangaben 1985 in
einem Verzeichnis erfasst.
Kopien von den ATSB-Filmen konnten, nötigenfalls samt 35-mm-Vorführapparatur, gegen eine geringe Gebühr an deutsche Arbeitersportorganisationen und Vereine, öffentliche Kinos sowie an internationale
Arbeitersportverbände, vermutlich in die damalige Tschechoslowakei, nach Österreich, Niederlande, Dänemark, Lettland und Palästina, verliehen werden.
Nach der Besetzung der Bundesschule am 25. März 1933 durch die SA wurden die Filme der Arbeitersportbewegung durch die Politische Polizei beschlagnahmt und 1938 dem Reichsfilmarchiv
übergeben. Ein Teil dieses Konvoluts lagerte nach dem 2. Weltkrieg in Harthausen bei München; von dort stellten es die US-Amerikaner 1953 dem Institut für Filmkunde in Wiesbaden zu. Schlechte
Lagerbedingungen führten zur Beschädigung und Vernichtung vieler Filme aus dem empfindlichen Nitromaterial. Als das Bundesarchiv in Koblenz 1959 die wenigen übriggebliebenen Filme übernahm,
waren keine Filme zum Arbeiterfußball dabei.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es bei ehemaligen deutschen Arbeitersportvereinen und Privatpersonen sowie den Sport-Organisationen des Auslandes (ASKÖ/Österreich, SATUS/Schweiz, TUL/Finnland und in HaPoel/Israel) oder in Filmarchiven noch Kopien existieren, die natürlich historisch vom hohen Wert
wären.
Filme von zumeist nicht bekannter Länge sollen nach unbestätigten Berichten in der Arbeitersportpresse auch von folgenden Sportereignissen gefertigt worden sein:
- Endspiel der Bundesfußballmeisterschaft am 6. Mai 1928 im Berliner Grunewaldstadion zwischen Pankower SC Adler 08 und ASV Frankfurt-Westend 96
- Länderspiel Deutschland-Österreich am 1. Juli 1928 im Nürnberger Stadion
- 2.
Internationales Jugendtreffen in Wien am 12. und 13. Juli 1929 mit dem Jugendländerspiel Österreich-Deutschland am 13. Juli 1929 in Wien auf dem Karl-Volkert-Platz
(Red-Star-Platz)
- Zum II.
ATSB-Bundesfest im Juli 1929 in Nürnberg stellte die Firma Nitzsche, Karlsstraße 1 in Leipzig in Abstimmung mit der Bundesleitung einen Film her.
- Film „Arbeiter-Fußball“, Inhaltsbeschreibung: „Aus unendlich bedrückenden, schachtähnlichen Fabrikhöfen führt uns der Kameramann
auf herrliche waldumrandete Spielfelder, wo lachende Menschen zu ihres Wesens innerstem Kern, der Freiheit, zurückgefunden haben Seid frei und gesund und freut euch des (Fußball-)Lebens“ (Freie
Sport-Woche vom 28. April 1930). Der Film beginnt mit Aufnahmen von Wohnungselend, Arbeitsfrohn und Alkoholmissbrauch und
stellt diese den Sport gegenüber. Dann zeigt er die Entwicklung und das Wachstum des Arbeiterfußballs und Reklamemöglichkeiten wie Presse, Funk und Plakate. Der nächste Teil zeigt die sonntägliche Arbeit der freiwilligen Berichterstatter. Im Kapitel "Jugend und Fußball" passiert einem Nachwuchskicker beim wilden Spiel auf der Straße eine Verletzung, dann folgt die Mahnung an
die Eltern, ihre Kinder in einem Arbeitersportverein anzumelden. Teil 6 und 7 zeigen Ausbildung und Training.
Unter 8. folgen bewegte Bilder von Großereignissen wie Frankfurt 1925, ATSB-Länderspiele vor großen Kulissen und die
dazugehörigen Schlagzeilen auch der bürgerlichen Presse. Der Film schließt mit Werbung für die Arbeiter-Olympiade 1931
in Wien, zeigt das dortige Praterstadion im Bau und schließt mit der wehende Budnesfahne.
Die Beilage „Der Fußball-Spieler“ berichtete in Nr, 5/1930, S. 38, dass der Film „Arbeiter-Fußball“ bisher in 13 Städten (Leipzig,
Luckenwalde, Jena, Dresden, Blumenthal, Niederhaßlau, Würzburg, Sprockhövel, Zirlau, Wien, Burg, Bremen, Hamburg) vorgeführt wurde. Die Filmlänge von
2200 Metern entsprach rund zwei Stunden Vorführdauer.
- Erstes Spiel um die Fußball-EM der Sozialistischen Arbeitersport-Internationale, Deutschland-Österreich am 28. September 1932 in der Dresdener Ilgenkampfbahn (Nr. 29 im
Filmverzeichnis der Bundesschule). Von diesem Film ist eine Länge von 450 m bekannt; eine 15 Minuten lange Kurzfassung von 396 m ist am 28.11.1932 ebenfalls gefertigt worden (siehe filmportal.de).
Auch über andere Sportzweige fertigte das Labor der Bundesschule Filme an. Die Schaffhausener Arbeiterzeitung berichtete im November
1930, dass der Bildungsausschuss der Schaffhausener Arbeiterunion einen Informationsabend über den SATUS durchführte, "auf dem nebst einem Referat ein Film über das SATUS-Verbandsfest 1930
vorgeführt wurde, die die ungeteilte Zustimmung der Zuschauer fand. Kurz darauf führte der Arbeiter-Turnverein Schaffhausen einen Film der sozialdemokratischen deutschen Bundesschule für
Leichtathletik vor, und die Schaffhausener Arbeiter-Zeitung brachte eine Vorschau auf die Winter-Arbeiterolympiade 1931 der Luzerner Sport-Internationale." ("Kicken unter Hammer und Sichel.
Die vergessene Geschichte des Schweizer Arbeiterfußball-Verbandes 1930-1936" von Christian Koller in "Überall ist der Ball rund", Hsg. Dahlmann, Dittmar u.a. (Essen 2008)
Darüber hinaus gab es einige Filme mit Arbeiterfußball-Szenen mit anderer Urheberschaft als dem Labor der Bundesschule. Hier ein Beispiel
von 1927: "Am 19. Juni fand in Duisburg ein Reichs-Arbeitersport-Tag statt, der mit dem Jugendtreffen der weltlichen Schulen Westdeutschlands verbunden war. Von dieser Veranstaltung ist vom
Reichsausschuss für sozialistische Bildungsarbeit im Auftrag des Bundes weltlicher Schulen soeben ein Film fertiggestellt, der in prächtigen Bildern ein umfassendes Bild dieser großen Veranstaltung
bietet. Der Film, der mit dem Eintreffen der Sonderzüge einleitet, zeigt neben dem Festzug vor allem die Abwicklung des sportlichen Programms. Besondere Beachtung verdienen dabei die
Schwimmvorführungen, die Spiele der Kinder und die Freiübungen der Turner, deren Aufnahmen einen guten Einblick in die modernen Sportveranstaltungen vermitteln. Abschließend werden Phasen aus einem
Werbespiel zweier westdeutscher Mannschaften gezeigt." (Freie Sport-Woche vom 20. Juli 1927)
B. Suche nach Schallplatten
Laut Freier
Sport-Woche vom 8. Juni 1931 nahm die Westdeutsche Rundfunk AG Köln die von der Nordischen Rundfunk AG übertragene zweite Halbzeit des damaligen Bundesfinals zwischen Lorbeer 06 Hamburg und der
SpVgg 1912 Pegau (Sprecher: Karl Lerbs) auf Schellack auf:
"Irgendwo
und von irgendwem, ich glaube, es war Karl Lerbs in der 'Sportpolitischen Rundschau', wurde zur Anlegung einer Schallplattensammlung aufgefordert. Der Anfang könnte mit seinem eigenen
Bundesendspielbericht vor kurzem in Hamburg gemacht werden, denn der Kölner Sender übernahm die um 17 Uhr gesprochene Ansage auf seinen Schallplatten-Aufnahmeapparat und gab sie um 19:30 Uhr auf
seiner Welle im Rahmen des Abendprogramms weiter. Da alle deutschen Sender über eine solche Apparatur verfügen, könnten also auch die Funkgespräche vom Wiener Olympia auf die Schallplatte aufgenommen
werden, und der Bund könnte so mit der Anlegung einer Sammlung beginnen. (Die Bundesfußballeitung hat schon vor diesem Vorschlage die Platte von Westdeutschland bestellt. Die Schriftleitung.) Die
Platten könnten dann für besondere Gelegenheiten für das Vortragswesen im Winter zur Verfügung gestellt werden."
Die Platte vom
1931er Endspiel ist zwar verschollen, bekannt ist aber auch, dass vom letzten Länderspiel des ATSB, dem EM-Spiel gegen Polen am 26. Dezember 1932 in Leipzig, für die Mitteldeutsche Rundfunk AG eine
Schallplatte gefertigt wurde.
Wer Hinweise zum Verbleib dieser Film- und Tonaufnahmen geben kann möge sich bitte an uns wenden.
Rolf Frommhagen
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