Unter allen heutigen Bundesliga-Stadien ist das Nürnberger unter arbeitersportlichen Aspekten das historisch bedeutsamste, denn hier fand vom 19. bis 21. Juli 1929 das 2. Deutsche Arbeiter-Turn- und Sportfest statt.
Das 1. Deutsche Arbeiter-Turn- und Sportfest war 1922 in Leipzig auf dem (damals neuen, heute ehemaligen) Messegelände und in einem dort eigens errichteten Holzstadion mit etwa 100.000 Teilnehmern ausgetragen worden.
Als Hauptschauplatz der Zweitauflage 1929 in Nürnberg diente das im Jahr zuvor eröffnete Städtische Stadion. Dessen Architekt Otto Ernst Schweizer entwarf wenig später auch das Wiener Prater-Stadion; der Gesamtentwurf für den Nürnberger Sportpark von Adolf Hensel hatte bei den Olympischen Spielen 1928 in Amsterdam die Goldmedaille für Architektur und Städtebau erhalten!
Die unüberbrückbaren ideologischen Gegensätzen zwischen SPD und KPD hatten bereits zur Spaltung weiter Teile der deutschen Arbeiterbewegung geführt, als sie 1928 auch im Arbeitersport zu einer Teilung führten. Die SPD-nahe ATSB-Führung hatte seitdem hunderte Vereine und zehntausende Arbeitersportler der kommunistischen Minderheit unter dem Vorwurf der Spaltung und kommunistischen Unterwanderung ausgeschlossen. Deshalb kamen in Nürnberg nur etwa 80.000 Aktive zusammen, darunter aber auch Delegationen aus mehreren europäischen Ländern sowie aus den USA.
Beim Eröffnungsakt am Freitagabend im historischen Rathaussaal hielten mit Reichsminister Severing und Reichstagspräsident Löbe auch zwei hochrangige SPD-Politiker Ansprachen. Bis 1928 hatte der ATSB sich nach außen hin um parteipolitische Neutralität bemüht, nach der Verabschiedung der kommunistischen Opposition war das nun nicht mehr nötig.
Das Sonnabend-Programm umfasste eine Leistungsschau der ATSB-Bundesschule (Sitz in Leipzig), sportliche Wettbewerbe und eine abendliche Theatervorstellung vor 50.000 Zuschauern. Insgesamt gab es über 70 Fußballbegegnungen aller Alters- und Leistungsklassen, ausgetragen als Werbespiele ohne den Kampf um Punkte und Plätze. Die leichtathletischen Wettkämpfe hatten hingegen den Rang von ATSB-Meisterschaften.
Der Sonntag begann mit einem großer Festumzug durch Nürnbergs mittelalterliche Altstadt zum Stadion. Dort gab es auf der Festwiese zeittypische Massenfreiübungen und im Stadion die leichtathletischen Endkämpfe, das Spiel Süddeutschland gegen Mitteldeutschlandspiel als fußballerischen Höhepunkt und die Abschlusszeremonie.
Das Nürnberger Stadion erlebte danach mit den ATSB-Fußball-Endspielen 1930 und 1932 noch zwei weitere herausragende Arbeitersport-Events. Beide Male siegte der TSV Nürnberg-Ost.
Der 1. FC Nürnberg spielte damals übrigens noch in seinem eigenen Stadion in Zerzabelshof und zog erst 1963 dauerhaft ins Städtische Stadion um.
Dieses hat inzwischen mehrere Umbauten und Umbenennungen hinter sich, derzeit ist es nach dem Fußballspieler Max Morlock benannt. Die Gesamtanlage trägt aber noch die Grundzüge von 1928. Erhalten geblieben ist auch die achteckige Grundform der Arena sowie die angrenzende Kleingartenanlage "Zeppelinfeld".
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