Die sich um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zuspitzenden Klassengegensätze gingen an der Welt des Sports nicht spurlos vorüber. In der Schweiz, die im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg eine gewaltige Streikwelle und im November 1918 mit einem dreitägigen landesweiten Generalstreik die größte innenpolitische Krise seit 1848 erlebte, entstand wie in anderen Ländern auch eine eigenständige Arbeitersportbewegung, die Sport als Instrument des Klassenkampfes verstand und eine Gegenkultur zur kapitalistischen Welt aufbauen wollte.
Vom "bürgerlichen" Sport grenzte sie sich scharf ab: "Nicht Sport des Sportes willen, nicht Sport als individueller Konkurrenzkampf mit Ruhm und Preis für den Rekordmenschen, nicht Sport zum Gaudium und Nervenkitzel eines sensationslüsternen Publikums und am allerwenigsten Sport als Geschäft will und darf der Arbeitersport sein. Nein! Der Sport, der aus den Niederungen der kapitalistischen Klassengesellschaft zu den lichten Höhen der freien Menschheit drängenden Arbeiterschaft ist seelische und körperliche Schulung und Vorbereitung der Menschen, die die neue Gesellschaft zu bilden und ihre Kultur mit gesundem Geist und starken Schultern zu tragen haben" (Arbeiter-Turn- und Sportzeitung, 4. Juli 1928).
Die Ursprünge des schweizerischen Arbeitersports liegen beim 1838 gegründeten Grütliverein, der eine allmähliche Umgestaltung der Gesellschaft auf friedlichem Wege anstrebte. Unter seinem Dach entstanden ab den 1860er Jahren Turnvereine, die sich 1874 zu einem Zentralverband zusammenschlossen. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurden auch erste Arbeitersportvereine aus der Taufe gehoben, so 1910 als erster Fußballklub die Fortuna Basel.
Die gesellschaftliche Spaltung durch den Ersten Weltkrieg und den Landesstreik von 1918 führte dann zu weiteren Vereinsgründungen, dies, obwohl der als "bürgerlich" kritisierte Schweizerische Fußballverband von 1917 bis 1920 mit Fritz Hauser, Mitglied der baselstädtischen Kantonsregierung und des Bundesparlaments, erstmals von einem Sozialdemokraten präsidiert wurde. 1922/23 vereinigten sich Arbeiterturner und -sportler zum "Schweizerischen Arbeiterturn- und Sportverband" (SATUS).
Dessen statutarischer Zweck bestand darin, "unter Mithülfe der proletarischen Parteien seine Mitglieder auch geistig zu erziehen und mit Arbeiterturn- und Sportverbänden anderer Länder in enge Fühlung zu treten". 1931 gründete der SATUS zusammen mit anderen linken Freizeitverbänden die "Arbeitsgemeinschaft schweizerischer Arbeiter-Sport- und -Kulturorganisationen", die sich neben der Sozialdemokratischen Partei und den Gewerkschaften als dritte Säule der Arbeiterbewegung verstand.
Die Mitgliederzahlen der schweizerischen Arbeitersportbewegung sprangen von 1917 bis 1930 von 4'531 auf 25'122. Anschließend stagnierte der Mitgliederbestand bis 1945 bei ungefähr 24'000. Mit einem Mitgliederzuwachs von 128 Prozent während der 20er Jahre lag der SATUS prozentual noch vor der Fußballabteilung des "Schweizerischen Fußball- und Athletikverbandes", die im selben Zeitraum um 105 Prozent wuchs.
Allerdings gelang es dem SATUS nicht, innerhalb des Arbeitermilieus eine Mehrheit bei den organisierten Sportlern zu erlangen. Nur etwa ein Drittel der Wähler linker Parteien, die organisiert Sport betrieben oder turnten, taten dies beim SATUS, der Rest gehörte "bürgerlichen" Turn- und Sportvereinen an. Im internationalen Vergleich lag der SATUS im Mittelfeld. Während um 1930 in Österreich auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner 44'000 Arbeitersportlerinnen und -sportler entfielen, waren es in Deutschland 19'000, in der Tschechoslowakei 14'000 und in der Schweiz 6'200, in Frankreich dagegen nur 260, in Ungarn 200 und in England 100.
Zum sozialistischen Bekenntnis des SATUS gehörte das Engagement für die Frauenemanzipation. Der Frauenanteil an der Mitgliedschaft blieb zwar in der betrachteten Periode weit unter 50 Prozent – er stieg von 7,6 Prozent im Jahre 1925 über 12,5 Prozent im Jahre 1935 auf 20,9 Prozent im Jahre 1945 – war aber im Vergleich zu anderen Turn- und Sportorganisationen dennoch relativ hoch und wuchs kontinuierlich. Allerdings konzentrierten sich die weiblichen SATUS-Mitglieder stark auf das Turnen; von fußballerischen Aktivitäten ist nichts überliefert.
Seit den frühen 20er Jahren gab es in verschiedenen Disziplinen unabhängige SATUS-Meisterschaften, in denen der als kapitalistisch und militaristisch betrachtete Wettkampfgedanke durch die Orientierung an sozialistischen Idealen gezügelt werden sollte. So kritisierte der SATUS die an Sieg und Niederlage orientierte Punktewertung in den Teamsportarten als Relikt kapitalistischen Geistes, ohne aber je zu einer befriedigenden, sozialistischen Lösung zu gelangen.
Die seit 1920/21 ausgetragene, von Vereinen aus Zürich und Basel dominierte Arbeiterfußball-Meisterschaft wurde genauso wie ihr "bürgerliches" Gegenstück in einer Serie A mit drei bis vier Regionalgruppen und anschließender Finalrunde ausgespielt. Allerdings vermochten selbst die Finalspiele jeweils nur wenige Hundert Zuschauer anzulocken.
Nach dem kontinuierlichen Aufschwung der 20er Jahre durchlief der schweizerische Arbeiterfußball zu Beginn des folgenden Jahrzehnts eine Zeit der Krisen. Im Jahre 1929 gab der SATUS seine Neutralität zwischen den rivalisierenden Arbeiterparteien auf und bekannte sich offiziell zur Sozialdemokratie. Im Zuge der folgenden Konfrontationen zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten wurden unter anderem sämtliche Westschweizer und – mit einer Ausnahme – Basler sowie ein großer Teil der Ostschweizer Fußballvereine, insgesamt 29 Sektionen, aus dem Verband ausgeschlossen.
Die verstoßenen Sektionen gründeten daraufhin nach deutschem Vorbild eine eng mit der kleinen Kommunistischen Partei der Schweiz zusammenarbeitende "Kampfgemeinschaft für rote Sporteinheit", deren Fußballteams als "Schweizerischer Arbeiter-Fußballverband" eine eigene Meisterschaft austrugen.
Daneben waren die Rotsport-Fußballer auch an zahlreichen kommunistischen Aufmärschen sowie verschiedenen einmaligen Sportveranstaltungen präsent. Höhepunkt war 1933 die "Erste Landesspartakiade" in Zürich, an der sich etwa 600 Personen beteiligten und in deren Rahmen unter anderem Fußballturniere für Aktive, Schüler, Junioren und Senioren stattfanden. Bei Arbeitskämpfen wurden die Rotsport-Fußballer wiederholt für kommunistische Unterstützungs- und Propagandaaktionen herangezogen.
1931 trugen Zürcher Arbeiterfußballvereine zwei Solidaritätsspiele zugunsten streikender Bekleidungsarbeiter aus. 1932 floss der Erlös zweier Meisterschaftsspiele an die ohne gewerkschaftliche Unterstützung streikenden Zürcher Heizungsmonteure. Auch fand ein Solidaritätsspiel zwischen dem Arbeiter-Sportclub Zürich und einer Auswahl der Monteure statt, welches einen Erlös von 110 Franken einbrachte. Im folgenden Jahr trugen zwei Rotsportteams ein Solidaritätsspiel für die ebenfalls in Zürich "wild" streikenden Sanitärmonteure aus. Zudem wurde zu deren Unterstützung ein "Rot-Sport-Tag" organisiert.
Das Verhältnis zwischen SATUS- und Rotsport-Fußballern war anfangs äußerst gespannt. Unmittelbar nach den Verbandsausschlüssen ereigneten sich im Stadion Utogrund in Zürich chaotische Szenen, als ausgeschlossene und SATUS-treue Mannschaften gleichzeitig auf dem Platz erschienen. Daraufhin ließ der SATUS die von ihm benutzten Sportplätze durch ein Sicherheitsunternehmen bewachen.
Das Kalkül der Rotsportler, durch intensive Propaganda und Partien über die Verbandsgrenzen hinweg weitere SATUS-Vereine ins eigene Lager zu ziehen, ging indessen nicht auf. Einerseits organisierten sich in der Westschweiz die ausgeschlossenen Vereine außerhalb der "Kampfgemeinschaft" in der "Fédération Romande des Sports Ouvriers", andererseits entstanden rasch neue SATUS-Fußballvereine, sodass der sozialdemokratische Verband im schweizerischen Arbeiterfußball schon nach wenigen Jahren wieder die stärkste Kraft war.
Im Jahre 1935 zählte die "Kampfgemeinschaft" in allen Disziplinen etwa 3'000 Mitglieder gegenüber über 26'000 beim SATUS. Prozentual war der Anteil der Kommunisten bei den Arbeitersportlern damit grösser als etwa bei den Gewerkschaftsmitgliedern, Wählern und Mitgliedern der Linksparteien, eine ernsthafte Gefahr für die Dominanz des SATUS stellte der Rotsport aber nicht dar.
Der SATUS hatte in jenen Jahren aber außer mit der Konkurrenz von links auch mit einer verstärkten Repression von rechts zu kämpfen. 1932/33 strich das Bundesparlament nach einer Hetzkampagne rechtsbürgerlicher Kreise die Subventionen für den Arbeitersport, dem man seine militärkritische Haltung vorwarf. Unmittelbarer Anlass war zunächst das Genfer Massaker vom 9. November 1932, bei dem militärische Ordnungstruppen in eine antifaschistische Demonstration schossen, 13 Personen töteten und über 60 weitere verwundeten.
Der "Schweizerische Vaterländische Verband", eine stramm rechte pressure-group, sandte daraufhin ihm nahe stehenden Parlamentariern Briefe, in denen dem SATUS eine wesentliche Rolle bei den Genfer Ereignissen angedichtet wurde. Sodann löste die nationalsozialistische Machtergreifung und die darauf erfolgende Zerschlagung der linken Parteien, Gewerkschaften und Arbeitersportorganisationen Deutschlands in gewissen Kreisen eine eigentliche Euphorie aus.
In der entscheidenden Parlamentsdebatte über die SATUS-Subventionen im Juni 1933 höhnte Verteidigungsminister Rudolf Minger: "Nachdem […] die marxistische Weltauffassung in Italien und jetzt auch in Deutschland Fiasko gemacht hat, […] ist es natürlich, dass in der Schweiz eine gesunde Reaktion kommt." Auch der SATUS habe sich "selbstverständlich" einem "neuen Kurs" zu fügen.
Der Entzug der Bundessubventionen, die 1932 45 Prozent des SATUS-Budgets ausgemacht hatten, brachte den Schweizer Arbeitersport in arge finanzielle Bedrängnis. Trotzdem lehnte die Verbandsspitze 1935 den Vorschlag der Firma "Ost-Import" ab, eine spezielle "SATUS-Cigarette" auf den Markt zu bringen und den Verband am Umsatz zu beteiligen...
Die Krisensituation führte zur Konzentration der Kräfte. 1935 schloss sich die "Fédération Romande des Sports Ouvriers" wieder dem SATUS an, und im folgenden Jahr kehrten auch die Rotsport-Vereine in den SATUS zurück. Die Kommunisten waren inzwischen angesichts der faschistischen Bedrohung weltweit von der Bekämpfung der Sozialdemokraten als "sozialfaschistischer" Hauptfeind zur Strategie der "Volksfront", der Zusammenarbeit mit Sozialdemokraten und selbst demokratisch gesinnten Bürgerlichen, übergegangen.
Zu Beginn des Jahres 1936 kam es zu verschiedenen Freundschaftsspielen zwischen SATUS- und Rotsport-Mannschaften. Da die Vereinigung
mitten in die Spielzeit 1935/36 fiel, wurden die getrennten Fußballmeisterschaften noch zu Ende geführt. Anfang Juli 1936 besiegte der SATUS-Meister Sparta Basel den Rotsport-Meister St. Johann Basel
im so genannten "Einheitsspiel" mit 5 : 1.
Die Wiedereingliederung der Kommunisten führte nicht zu einem schärferen Linkskurs des SATUS, im Gegenteil. Innerlich gefestigt unternahm die Verbandsleitung Schritte zu einer Annäherung an den
"bürgerlichen" Staat. Am 8. November 1936 schrieb sie an Verteidigungsminister Minger, der SATUS bekenne sich "zur unbedingten Landesverteidigung" – ein Bekenntnis, das verbandsintern keineswegs
unbestritten war. Tags darauf bewilligte die Bundesregierung eine Subventionssumme von 18'000 Franken für den SATUS.
Für die schweizerische Landesaustellung von 1939 plante der SATUS, der im selben Jahr auch in den "Schweizerischen Landesverband für Leibesübungen" aufgenommen wurde, einen bewusst patriotischen Auftritt mit Turnübungen und folkloristischen Darbietungen, worin die Fußballer kaum eine Rolle spielten.
Der Arbeitersport erstrebte von Beginn an im Sinne der internationalen Solidarität eine Zusammenarbeit zwischen den Verbänden der einzelnen Staaten. Bereits 1913 wurde die "Association Socialiste Internationale d'Education physique" gegründet. 1920 entstand in Luzern als Nachfolgeorganisation die "Sozialistische Arbeiter-Sportinternationale", der auch der SATUS beitrat.
Ein Jahr später konstituierte sich in Gestalt der "Roten Sportinternationale" in Moskau eine kommunistische Konkurrenzorganisation. Bald
entwickelte sich im Arbeiterfußball ein reger internationaler Spielbetrieb. Dieser hatte genau den umgekehrten Zweck als derjenige, den die Arbeiterfußballer dem "bürgerlichen" Fußball unterstellten:
Nicht eine Schaubühne nationaler Rivalitäten sollten diese Partien sein, sondern ein Mittel der Völkerverständigung. So wurden vor Länderspielen denn auch nicht die Nationalhymnen intoniert, sondern
gemeinsam die "Internationale" gesungen.
Die Landesauswahl der SATUS-Fußballer gab ihr Debüt 1922 mit einem Spiel in Genf gegen Frankreich, das mit 1 : 3 verloren ging. Im selben Jahr fanden auch erste internationale Spiele einer
SATUS-Stadtauswahl statt. Im Sommer 1925 beteiligte sich die SATUS-Auswahl am Fußball-Turnier der ersten Arbeiterolympiade in Frankfurt, schied nach Niederlagen gegen den nachmaligen Sieger
Deutschland (1 : 6) und Belgien (1 : 3) und einem Sieg gegen Frankreich (3 : 0) aber bereits in der Vorrunde aus. Dieses schlechte Abschneiden führte der SATUS auf das militärbedingte Fehlen der
besten Spieler zurück.
Als Gegenveranstaltung zu den "bürgerlichen" Olympischen Spielen wie auch den sozialdemokratischen Arbeiterolympiaden lud die Rote Sportinternationale 1928 zu einem großen Sportfest in Moskau, der internationalen Spartakiade. Die Arbeiter-Sportinternationale verbot ihren Verbänden die Teilnahme an dieser kommunistischen Veranstaltung, der SATUS stellte es aber seinen Mitgliedern frei, auf eigene Faust in die Sowjetunion zu reisen.
Tatsächlich begab sich daraufhin eine 52köpfige Schweizer Delegation nach Moskau. Darunter befand sich ein Fußballteam, dem mehrere Stammspieler der SATUS-Landesauswahl angehörten, was die starke Stellung der Kommunisten im schweizerischen Arbeiterfußball verdeutlichte. Die Schweizer Kicker hielten sich gegen die starken sowjetischen Teams wacker. Nach einem 7 : 1-Startsieg gegen Zentralrussland folgten ein 3 : 6 gegen Weißrussland und ein unglückliches 4 : 5 gegen Usbekistan.
In der Folgezeit versuchte der SATUS aber energisch, Kontakte seiner Mitglieder zur Roten Sportinternationale zu unterbinden und büßte wiederholt Teams, die Partien gegen deutsche und französische Rotsport-Vereine austrugen. Diese Kontakte gaben schließlich auch den unmittelbaren Anlass für die Spaltung von 1930, als der amtierende SATUS-Meister Horburg Basel wegen weiterer Partien gegen deutsche Rotsport-Teams aus dem SATUS ausgeschlossen wurde und sich daraufhin eine Vielzahl von Vereinen mit Horburg solidarisierte und darüber hinaus demonstrativ einen Spielbetrieb gegen sowjetische Teams begrüßte.
Bezeichnenderweise reiste denn auch noch im selben Jahr eine Auswahl des neuen Arbeiterfußball-Verbandes in die Sowjetunion, wo sie gegen
die österreichische Rotsport-Auswahl (1 : 6), das Team der Moskauer Dynamofabrik (2 : 3) sowie zahlreiche Auswahlen von Provinzstädten spielte.
In den folgenden Jahren waren SATUS und Rotsportler mit je einer eigenen Landesauswahl auf der internationalen Bühne präsent. Im Juli 1931 lud die Rote Sportinternationale zu einer zweiten
internationalen Spartakiade nach Berlin. Obwohl die Berliner Polizeibehörden die Veranstaltung verboten, fuhren zahlreiche Delegationen, auch aus der Schweiz, in die deutsche Hauptstadt. Verschiedene
Wettkämpfe, darunter mehrere Fußballspiele, wurden im Verborgenen durchgeführt. Im Anschluss daran reiste eine internationale Delegation von Rotsportlern, unter denen sich auch ein Schweizer
Fußballer befand, nach Moskau und wohnte dort verschiedenen Sportveranstaltungen bei.
Wenige Tage später fand im "Roten Wien" die zweite Arbeiterolympiade statt, die quantitativ und qualitativ den Höhepunkt in der Geschichte des internationalen Arbeitersports darstellte. Insgesamt
nahmen 77'000 Festteilnehmer aus 27 Nationen teil. Eröffnet wurden die Spiele mit einem "Weltkindertag"; den Schlusspunkt bildete ein gigantischer, fünfstündiger Aufmarsch von 100'000 Personen über
die Ringstrasse unter dem Motto "Für Weltabrüstung und allgemeinen Frieden". Im Fußball-Turnier gelang der SATUS-Auswahl zunächst ein 3 : 0-Sieg gegen Lettland, bevor eine 1 : 8-Niederlage gegen den
nachmaligen Sieger Österreich das Aus bedeutete.
In den folgenden Jahren verdüsterte sich der politische Horizont. 1933 zerschlugen die Nazis den deutschen Arbeitersport, ein knappes Jahr
danach taten die Austrofaschisten in ihrem Land ein Gleiches. Damit existierten die beiden wichtigsten Arbeitersportverbände nicht mehr. Die von der Arbeiter-Sportinternationale als Reaktion auf die
erste FIFA-Weltmeisterschaft von 1930 angesetzte Arbeiterfußball-Europameisterschaft 1932/34, die noch unter Beteiligung Deutschlands und Österreichs gestartet worden war, konnte nur unvollständig zu
Ende gespielt werden. Die SATUS-Auswahl belegte dabei in der Westgruppe hinter Belgien den zweiten Rang.
Als erste große antifaschistische Veranstaltung des Arbeitersports, an der sich Sozialdemokraten wie Kommunisten beteiligten, fand im August 1934 im Pariser Pershing-Stadion ein mehrtägiges
internationales Arbeitersportlertreffen statt, dem 10'000 Zuschauer beiwohnten. Die Schweizer Delegation umfasste etwa 200 Personen aus unterschiedlichen Arbeitersport- und Kulturorganisationen, die
sich unter anderem an einem "proletarischen Schweizerabend" präsentierten.
Im Rahmen des Treffens fand ein als "Arbeiterfußball-Weltmeisterschaft" deklariertes Turnier statt, das sich als Gegenveranstaltung zur
zweiten FIFA-Weltmeisterschaft verstand, die vom faschistischen Regime Italiens propagandistisch missbraucht worden war. Die Schweizer Rotsport-Auswahl schied dabei bereits in der ersten Runde nach
einem 0 : 11 gegen den nachmaligen Sieger Sowjetunion aus. Die SATUS-Fußballer beteiligten sich an diesem Turnier nicht, waren aber in Paris gleichwohl vertreten. Den sportlichen Abschluss der
Veranstaltung bildete nämlich eine Partie zwischen einer französischen Auswahl und dem SATUS-Verein Nordstern Zürich.
Unmittelbar nach der Pariser Veranstaltung war eine Tournee der sowjetischen Auswahl durch die Schweiz mit Spielen in Genf, Zürich und Basel geplant. Die Schweizer Bundesregierung verweigerte den
Kickern aus dem Arbeiter- und Bauernparadies aber die Einreisevisa; erst 32 Jahre später durfte die sowjetische Nationalmannschaft erstmals die Eidgenossenschaft besuchen. Der Arbeiter-Fußballverband
organisierte daraufhin eine Partie im französischen Saint-Louis unweit Basels, die die kommunistische Presse als "Verbrüderungsakt mit den Klassengenossen des Sowjetstaates und eine Demonstration
gegen die Sowjetfeinde und Kriegshetzer" ankündigte (Der Kämpfer, 22. August 1934).
Die Rotsport-Auswahl wurde für diese Partie durch drei SATUS-Fussballer sowie einen Spieler aus dem "bürgerlichen" Fußballverband
verstärkt. Vor 6000 Zuschauern endete das Spiel mit einem 5 : 2-Sieg der Sowjets und es war gemäß der kommunistischen Presse "ein triumphaler Erfolg der Sowjet-Körperkultur und des
Arbeitersports" (Basler Vorwärts, 23. August 1934). Die sowjetische Sportpresse steigerte die Bedeutung der Partie noch durch die Behauptung, in der Schweizer Auswahl hätten sechs erstklassige
Spieler aus "bourgeoisen" Vereinen sowie vier Kicker aus dem "reformistischen" Arbeitersport mitgespielt (Krasnyj sport, 27. August 1934).
Im selben Monat weilte die SATUS-Landesauswahl an einem internationalen Sporttreffen in Dorchester aus Anlass der Hundertjahrfeier der englischen Gewerkschaften. Das geplante Fünfländerturnier
schrumpfte aufgrund kurzfristiger Absagen auf drei Teams. Auch die ursprünglichen Pläne, einige Partien als Startschuss für eine zweite Arbeiterfußball-Europameisterschaft oder wenigstens eine
westeuropäische Meisterschaft zu werten, zerschlugen sich. Die Schweiz besiegte überraschend England mit 3 : 0, um danach Belgien mit 0 : 8 und abermals England mit 1 : 4 zu unterliegen.
Im Jahre 1936 beteiligte sich der wiedervereinigte SATUS intensiv an der Agitation gegen die zur Nazi-Propaganda missbrauchten Olympischen Sommerspiele in Berlin und plante die Teilnahme an der als
Gegenveranstaltung gedachten "Volksolympiade" in Barcelona. Im Fußball sollten neben der Landesauswahl noch je eine Regionalmannschaft aus Basel und Genf zu den Spielen reisen. Zwei Tage vor der
geplanten Eröffnung – einige Vertreter der Schweizer Delegation befanden sich bereits in Katalonien – begann aber General Francos Militärputsch gegen die demokratisch gewählte Linksregierung, der den
spanischen Bürgerkrieg auslöste. Barcelona war bald Schauplatz blutiger Straßenkämpfe; die "Olimpiada Popular" konnte nicht stattfinden.
Auch an der dritten Arbeiterolympiade von 1937 in Antwerpen war die SATUS-Auswahl vertreten. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Gegen Krieg und Diktatur, für Arbeit, Freiheit und Demokratie".
Im Zeichen der Volksfrontstrategie nahm erstmals die Sowjetunion teil und gewann das Fußballturnier überlegen. Die Schweiz besiegte in der Vorrunde Finnland, um dann im Halbfinale mit einem 0 : 4
gegen Norwegen auszuscheiden. Im selben Jahr spielte SATUS-Meister Sportfreunde Basel an der Weltausstellung in Paris eine Partie gegen eine Auswahl aus der republikanischen Zone Spaniens (2 :
3).
Während des Zweiten Weltkrieg kamen die Aktivitäten des SATUS-Fußballs zunächst fast vollständig zum Erliegen. Die meisten Aktiven standen
unter Waffen und die Sportanlagen waren ständig militärisch belegt. So konnte 1939/40 die Meisterschaft nicht durchgeführt werden und lösten sich von 1939 bis 1942 18 der 65 SATUS-Fußballvereine
auf.
Nach Kriegsende nahm der Schweizer Arbeitersport zunächst einen Aufschwung. In den ersten fünf Nachkriegsjahren wuchs der Mitgliederbestand des SATUS kräftig von rund 24'000 auf 35'536 Genossinnen
und Genossen. In der Saison 1944/45 wurde erstmals ein landesweiter SATUS-Fußball-Cup ausgetragen. Im Jahre 1948 erfolgte gar die Gründung einer SATUS-Landesliga, die indessen nur bis zur Saison
1956/57 Bestand hatte. Das Scheitern der Landesliga war ein Symptom des nun einsetzenden Niederganges. Die Abschwächung der Klassengegensätze in der Phase des rasanten wirtschaftlichen Aufschwungs
und Ausbaus des Sozialstaates in den ersten zwei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg ließ weltanschaulich definierte Sportverbände immer stärker als etwas Veraltetes erscheinen.
Manche SATUS-Vereine traten nun in den Amateurspielbetrieb des Schweizerischen Fußballverbandes über und in den 70er-Jahren endete die regelmäßige Ermittlung eines Schweizer SATUS-Fußballmeisters. In den meisten Regionen schlief der Spielbetrieb ein und dort, wo er bis heute aufrechterhalten blieb, wurde er fast ausschließlich zu einer Sache von Immigrantenvereinen.
Auch der Spielverkehr der SATUS-Landesauswahl erlebte einen Niedergang. Nach 1945 konzentrierte er sich stark auf die Gegner Frankreich, Belgien, Italien und Österreich, während in anderen Ländern kein Wiederaufbaus des Arbeitersports mehr erfolgte. Internationale Arbeiterfussballturniere fanden nur noch sporadisch statt. Die SATUS-Auswahl beteiligte sich 1948 und 1958 an Jubiläumsturnieren des französischen und 1960 und 1970 an solchen des belgischen Arbeitersportverbandes. An den Internationalen CSIT-Meisterschaften 1968 in Parma schied sie bereits im ersten Spiel gegen HAPOEL Israel aus. 1979 belegte die SATUS–Auswahl an einem internationalen Turnier in Italien den dritten Rang. Danach schlief der Spielbetrieb ein.
Christian Koller (Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich)
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Fußballmeister im Schweizerischer Arbeiter-Turn- und Sportverband: 1921 Arbeiter-FC Fortuna Basel – 1922 Augustinia-SC Basel – 1923 Aussersihl Zürich – 1924 Wiedikon Zürich – 1925 AFC Wipkingen Zürich – 1926 FC Grasshoppers Basel – 1927 SC Horburg Basel – 1928 SC Horburg Basel – 1929 SC Horburg Basel – 1930 kein Meister wegen Spaltung der Bewegung – 1931 ASV Basel-Ost – 1932 FC Strassenbahn Zürich – 1933 Bern Nord – 1934 ASV Basel Ost – 1935 Union PTT Genève – 1936 SC Sparta Basel – 1937 Vereinigte Sportfreunde Basel – 1938 FC Nordstern Zürich – 1939 Châtelaine Genève – 1940 nicht ausgetragen – 1941 ASV Basel-Ost – 1942 Vereinigte Sportfreunde Basel – 1943 Vereinigte Sportfreunde Basel – 1944 Châtelaine Genève – 1945 Carouge Genève – 1946 Bern-West – 1947 Vereinigte Sportfreunde Basel – 1948 Geneva Genève – 1949 Geneva Genève – 1950 Geneva Genève – 1951 Geneva Genève – 1952 Vereinigte Sportfreunde Basel – 1953 SC Baudepartement Basel – 1954 SC Baudepartement Basel – 1955 FC Nordstern Zürich – 1956 Ostermundigen Bern – 1957 Ostermundigen Bern – 1958 FC Nordstern Zürich – 1959 Ostermundigen Bern – 1960 Ostermundigen Bern – 1961 FC Nordstern Zürich – 1962 FC Nordstern Zürich – 1963 FC Nordstern Zürich – 1964 FC Nordstern Zürich – 1965 Isar Renens – 1966 SC Baudepartement Basel – 1967 SC Baudepartement Basel – 1968 Carouge Genève – 1969 Bella Italia Zürich – 1970 FC Grasshoppers Basel – 1971 FC Grasshoppers Basel – 1986 SC Baudepartement Basel – 1992 Lusitano Lausanne – 1997 FC Alkar Basel – 1999 FC Alkar Basel – 2000 SC Baudepartement Basel – 2001 FC Alkar Basel – 2002 FC Peru Inca Lausanne – 2003 AS Timau Basel – 2004 FC Peru Inca Lausanne – 2014 FC Amicitia Riehen – 2015 FK Vardar Basel
Schweizerischer Arbeiterfußball-Verband (Rotsport): 1930 SC Horburg Basel – 1931 Sturm 24 Zürich – 1932 Vereinigte Sportfreunde Basel – 1933 Vereinigte Sportfreunde Basel – 1934 SC St. Johann Basel – 1935 Altstadt Zürich und AFC Wipkingen Zürich – 1936 SC St. Johann Basel
Bildmaterial: Prof. Dr. Christian Koller, Schweizerisches Sozialarchiv
Weitere Literatur zum Thema:
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