Olympischer Fußball-Dreikampf 1931

 

Eine eher kuriose Konkurrenz im Programm der 2. Arbeiter-Olympiade 1931 in Wien stellte der Fußball-Dreikampf dar. 88 Bewerber aus 16 Nationen erforderten gleich zwei Austragungsorte, den Askö-Platz, 15. Johnstraße und den E-Werk-Platz, 2. Engerthstraße, beide leider nicht mehr existent. 

Der Dreikampf begann mit einem 100-Meter-Lauf in voller Kickermontur. Als nicht zu überbietende Idealzeit gab das Kampfkommitee 12 Sekunden vor. Diese Idealleistung bedeutete 100 Punkte und jede zusätzliche Zentelsekunde einen Punkt Abzug. Danach folgte der Fußballweitstoß. Jeder Spieler hatte drei Schüsse, denen weitester in die Wertung ging. Hier setzte man 55 Meter als mögliche Höchstleistung mit wiederum 100 Punkten an. Jeder Viertelmeter darunter zählte einen Verlustpunkt.

 

Notiz in der Wiener "Arbeiterzeitung" zur Nominierung des späteren Fußball-Dreikampfsiegers in die ATSB-Olympiaelf (18. Juli 1031, Seite 9)

 

Die höchsten Ansprüche stellte der abschließende Dribbellauf. Vom Start am Mittelpunkt ging es auf einer 1,5 Meter breiter Zickzackbahn Richtung Tor. In einem hiervor mit Kreidelinien markierten Korridor galt es aus 18 bis 11 Metern den Ball in vollem Lauf ins Tor zu senden. Als Tormann-Ersatz versperrte ein gespanntes Netz die Mitte, zwischen Netz und Pfosten nur je 1,15 Meter zum Einschuss zulassend. Die ganze Aktion war in 18 Sekunden zu erledigen. Das Übertreten der Zickzackbahn wurde mit je 2 Minuspunkten geahndet, Stehenbleiben mit Ausschluss, ebenso auch Pfosten-, Latten- und Vorbeischüsse.Schüsse auf das Mittelnetz bedeuteten den Abzug von 30 Punkten.

Der Dribbellauf stellte also sicher, dass nur die besten Techniker Aussichten auf einen Erfolg der Gesamtkonkurrenz haben würden.

 

Das offizielle Endergebnis, Quelle: "2. Arbeiter-Olympiade in Wien 1931 - Technischer Bericht"

 

Die ersten Teilnehmer starteten am Mittwoch den 22. Juli auf dem Askö-Platz. Am 23. Juli trat um 8 Uhr auf dem E-Werk-Platz die Olympia-Auswahl von Palästina an, ab 10 Uhr versuchten an selber Stelle dann auch Lettlands Spieler ihr Glück. Am 24. Juli fiel die Vorentscheidung um den Olympiasieg. Dank maximaler Punktausbeute lag ein Deutscher uneinholbar in Führung:

"Dreikampf der Fußballer – Dieser Bewerb dürfte bereits entschieden sein. Es ist der unerwartete Fall eingetreten, dass die anscheinend unerreichbare Idealleistung doch erreicht wurde. Der Wundermann, der die großartige Leistung vollbrachte, ist Otto Fricke (Turnerbund Feuerbach). Er ist ein bekannter Auswahlspieler der Arbeiter und bewältigte das Laufen über 100 Meter in der ausgezeichneten Zeit von 12 Sekunden. Beim Fußballweitstoßen erzielte er der Reihe nach 55, 45 und 52 Meter. Der Glanzpunkt seiner Leistung war aber der Dribbellauf, den er fehlerfrei mit einem gut sitzenden Treffer in der Zeit von 14,2 Sekunden erledigte. Als Idealzeit waren 18 Sekunden gedacht. Fricke leistete also wirklich Gutes. Er verzeichnete 300 Punkte und dürfte kaum mehr von einem anderen Fußballer eingeholt werden." 2

Frickes Vorsprung betrug letztlich pompöse 46 Punkte auf Platz 2, der bemerkenswerter Weise an seine Vereinskameraden Wilhelm Leyrer ging. Der TB Feuerbach wies seinerzeit also eine wohl einmalige Konzentration olympischer Spezialisten im Fußball-Dreikampf auf. Leyrer hatte für die 100 Meter 0.8 Sekunden mehr als Fricke benötigt, dafür aber im Weitstoß den Olympia-Rekord von 56 Metern aufgestellt. Den Dribbellauf hatte Leyrer mehr als 3 Sekunden schneller bewältigt als Fricke, jedoch beim Abschluss nur das "Torwartnetz" getroffen.3

 

***

 
Diese Kreisauswahl von Württemberg siegte am Sonnabend, den 17. Mai 1930 in Gera 3:2 über Thüringens Kreisauswahl und unterlag am nächsten Tag der Bezirksauswahl von Weißenfels mit 3:5 in Hohenmölsen (Zuschauerzahl jeweils 3000).

 

Otto Fricke 23. Oktober 1909 – 30. Juli 1995, Maschinenschlosser, später Maschinenbauingenieur, Turnerbund 1883 Feuerbach (Stuttgart), Rechtsaußen, 4 ATSB-Länderspiele, mehrfacher Spieler der Württemberg-Auswahl, mehrfacher ATSB-Leichtathletikmeister

Wilhelm Leyrer 8. Oktober 1911 – 6. Januar 1981, Mechaniker, später Mechanikermeister, Stürmer im Turnerbund 1883 Feuerbach, mehrfacher Kreisauswahlspieler

 

Der TB 1883 Feuerbach gewann 1931 in Dresden die 10x100-m-Staffel bei den 5. Leichtathletik-Meisterschaften des ATSB. Zweiter von rechts ist Otto Fricke. Wilhelm Leyrer war an dieser Staffel nicht beteiligt.

 

1. Sport-Tagblatt (Wien) vom 18. Juli 1931

2. Neues Wiener Tagblatt vom 25. Juli 1931

3. Sport-Tagblatt (Wien( vom 25. Juli 1931

sowie: Arbeiter-Zeitung (Wien) ab 22. Juli 1931

Bilder und biographische Angaben: Reiner Fricke, Leonberg

 
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© Christian Wolter

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