"7. Bezirks-Arbeiter-Turn- u. Sportfest, verbunden mit dem 35jähr. Gründungsfest in Ober-Preschkau, 4. Kreis, 1. Bezirk", so verkünden es diese drei herrlichen Ansichtskarten von 1923. Auf der Rückseite steht noch das genaue Datum, "21. u. 22. Juli 1923", der Gruß "Frei Heil!" und der Hersteller "Graphische Kunstanstalt A. Bartel, Rumburg".
Das Logo unten rechts kann nur Arbeitersport bedeuten. "4. Kreis , 1. Bezirk" stand im Arbeiter-Turn- und Sportbund für Leipzig und Umgebung. Dazu passt allerdings die hier abgebildete Landschaft nicht. Die Karten bezeugen also den sudetendeutschen Arbeitersport, denn im böhmischen Teil des Erzgebirges gab es einst einen Ort namens Ober-Preschkau, das heutige Horní Prysk.
Die Lithographie gibt die damalige Situation detailgetreu wieder, beispielsweise die ortstypischen Umgebinde-Häuser. An der Kirche sind sogar die Grabsteine zu erkennen. Der Turm rechts davon ist der freistehende Glockenturm. Am Ortseingang steht ein Umspannturm und daneben ein Holzmast. Ober-Preschkau verfügte 1923 also schon über Anschluss an die öffentliche Stromversorgung.
Doch worauf bezieht sich das 35jährige Jubiläum? 1888 gab es noch keinen Arbeiter-Sportverband. Nach unserer Kenntnis entsteht der erste sudetendeutsche Arbeiter-Turnverein 1889 in Eichwald/Dubi. Entweder feierte man also eine Gründung, aus der die Arbeiterturner hervorgingen, oftmals war das ein Arbeiter-Gesangsverein. Oder es handelte sich um das Jubiläum einer politischen Organisation, die vielleicht aus einem sozialdemokratischen Arbeiter-Bildungsverein hervorgegangen war.
1923 zählte Ober-Preschkau knapp 1000 Einwohner, von denen sich die meisten mit der Veredelung von Glas zu Modeschmuck ernährten. Seit der Vertreibung der Sudetendeutschen liegt die Bevölkerungszahl nur noch bei einigen Hundert. Das Ortsbild ist aber weitgehend erhalten. Dem Künstler diente als Vorlage für seine Darstellung möglicherweise diese Postkarte:
Mehr zur Geschichte von Ober-Preschkau, dem heutigen Horní Prysk, sowie alte und neue Ansichten gibt es hier. Vielen Dank für das Bildmaterial an Michael Quell aus Freinsheim/Pfalz!
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