Spielvereinbarungen per Postkarte

 

Jeder Arbeiterverein, der etwas auf sich hielt, hatte seine eigenen Postkarten. Neben solchen mit Mannschaftsfotos, von den eigenen Mitgliedern gerne gekauft und also eine verlässliche Einnahmequelle, ließen die Vereine auch noch Karten für den amtlichen Schriftverkehr drucken, die sie vor allem für Spielanfragen und -vereinbarungen mit anderen ATSB-Vereinen verwendeten.

Zwar waren schon viele ATSB-Vereine telefonisch erreichbar, aber mit so einer Karte hatte man auch gleich einen schriftlichen Nachweis für den Fall, dass es mal Missverständnissen oder Streitigkeiten zu Spielabschlüssen gab. 

Hier mal ein paar Beispiele, wie diese Karte von 1929, die der Dredner SV von 1910 an den TSV Süden 07 Forst/Lausitz sendete:

 

 

Werter Bundesgenosse!

Im Besitze Deiner Karte, müssen wir Dir leider bis auf weiteres abschreiben, da wir jetzt in Kreisspielen stehen, und wir noch kein Programm vom Bezirk, Kreis u. Bund erhalten haben. Schreibt uns nach den Kreisspielen noch einmal, sind dann gern gewillt zu spielen.

Mit Frei Heil, Herbert Schüler

Dresden, d. 20. II. 29.

 

 

Der Dresdner SV stand zu seinem Wort, und so kam es am 6. Juli des Jahres zum Treffen beider Mannschaften, welches der Dresdner SV mit 4:3 auf eigenem Platz gewann. Die auf der Karte erwähnte Kreismeisterschaft endete für den DSV mit 3:4 gegen seinen größten Konkurrenten, den VfL Leipzig-Südost vor 8000 Zuschauern in Leipzig.

 

 

Mit folgenden Worten antwortete H. Scholz von der Freien Turnerschaft Cottbus 93 seinem Sportgenossen Willy Kliemann vom TSV Süden Forst auf dessen Anfrage wegen eines Osterspiels 1930 in Cottbus:

 

 

Werter Genosse!

Bin beauftragt Dir mitzuteilen, dass wir Deinen Vorschlag nicht annehmen können. Zu Ostern verreisen einige Spieler der 1. Mannschaft. Und mit Ersatz möchten wir auch nicht antreten. Außerdem bekommen wir am 1. und 2. Feiertag nicht den Platz. Cotta [= TSV Briesnitz-Cotta] habe ich ebenfalls benachrichtigt.

Mit "Frei Heil"

H. Scholz

Cottbus, den 22. 1. 30

 

 

Schließlich noch eine Karte von Kurt Raband (Minerva Guben) an Erich Brusendorf vom TSV Süden Forst. Sie ist besonders interessant, weil sie vom 14. Mai 1933 datiert. Zu diesem Zeitpunkt waren die Verbandstrukturen des Arbeitersports bereits zerschlagen, aber noch nicht alle Vereine verboten. So kam es, wie diese Karte belegt, zu diesem späten Zeitpunkt tatsächlich noch zu einigen letzten Spielen im deutschen Arbeiterfußball, und es war von Guben sogar noch eine Begegnung mit dem SC Lorbeer Hamburg geplant:

 

 

Werter Bundesgenosse!

Habe von Lorbeer [06 Hamburg] Nachricht bekommen. Wenn unsere Bewegung nicht aufgelöst wird, so kommen sie bestimmt. Ende der Woche bekommen wir endgültigen Bescheid. Wollte nur noch anfragen, ob unsere IV. Mannschaft am Sonntag den 21. 5. 1030 Uhr, gegen eure III. Elf auf eurem Platz spielen kann. Gib mir bis Donnerstag Bescheid, dass ich den Omnibus rechtzeitig bestellen kann, denn wir fahren am Sonntag nach Döbern mit 1. + 2. Mannsch. und da möchte die III. auch gern ein Spiel austragen.

Mit Bundesgruß,

Kurt Raband

Guben, den 14. 5. 33.

 

"Mit Bundesgruß", nicht mit Hitlergruß! Ob das Spiel Minerva Guben gegen Lorbeer 06 Hamburg noch stattfand werden wir wohl nie erfahren.

Für die Postkarten vielen Dank an Helmut Weiß aus Berlin-Köpenick! 

 

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© Christian Wolter

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