Erinnerungen an den Widerstand Berliner Arbeiterfußballer

 

Über eine sehr lange Zeit wurde die Erinnerung an den Arbeitersport und den Widerstand, den seine früheren Mitglieder leisteten, in Berlin sehr unterschiedlich gehandhabt. Sah sich die DDR bzw. „die Hauptstadt der DDR“ vor allem in der Tradition der antifaschistischen KPD, so war diese und ihr Widerstand als Folge des Kalten Krieges in Westberlin jahrzehntelang ein Tabu. Heute wird das anders betrachtet. Und trotz des „Bildersturms“ (s. unten) in der sog. Wendezeit sind gerade in Ostberlin noch zahlreiche Erinnerungen an jene Arbeitersportler präsent, die in der NS-Diktatur Widerstand leisteten.

Da es auf dieser Seite um den Fußball im Arbeitersport geht, haben wir versucht, das Schicksal jener Widerstandskämpfer zu dokumentieren, die mit dieser Sportart befasst waren. Zwar gibt es eingehende Aufarbeitungen zum Widerstand in der damaligen Reichshauptstadt, doch werden Personen dem Arbeitersport oft nur allgemein zugeordnet, ohne genaue Benennung ihrer sportlichen Aktivitäten. 

 

 

Bevor die Nazis kamen: Fichte Treptow baut ab

 

1933, mit der Machtübernahme der NSDAP wurden der sozialdemokratisch orientierte Arbeiter- Turn- und Sport-Bund (ATSB) und die kommunistische Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit (Rotsport) verboten. Die meist in freiwilliger Arbeit geschaffenen Sportplätze, Turnhallen, Bootshäuser und Freibäder wurden geraubt und oft von HJ, SA und SS übernommen. Verhindert wurde dies in Treptow, wo die Fichte-Sportler alles Holzmaterial auf ihrem Sportplatz Eichbuschallee abbauten und an die Kleingärtner der Umgebung verteilten (Stele und Tafel Eichbuschallee 30). 

 

 

„Mitgliederzellen“ im bürgerlichen Sport

 

Es war eine Strategie von Rotsport, in bürgerlichen Klubs Mitgliederzellen zu bilden. Dies geschah z.B. bei den Sportfreunden Neukölln, dem 1931 gegründeten Volkssport Wedding (als ATSB-Verein zum 1. September 1933 ebenfalls aufgelöst), bei der Sportlichen Vereinigung Nord Wedding, dem Verein junger Kaufleute Berlin, TSV Merkur, TSV 1862 Prenzlauer Berg, SC Olymp 1900 Berlin, BFC Hansa 07 (heute FSV Hansa 07 Berlin) an der Harzer Str. in Neukölln, SC Rekord, SV Grün-Weiß und der Hohenschönhauser Sportvereinigung 1910 (die diesen Namen allerdings erst seit 1937 führte).  Durch die „Neuzugänge“ erlebten einige Vereine einen Aufschwung, darunter TV Friesen Neukölln, der sich nun im Fußball einen Namen machte und mehr Zuschauer-Einnahmen verzeichnete. 

Die Zentralkommission für Körperpflege mit ihren 1.3 Mio. Mitgliedern, zu der auch der erwähnte ATSB mit 740.000 Mitgliedern gehörte, hatte ihren Sitz in einem Mietshaus Bülowstr. 29/Ecke Steinmetzstr. in Schöneberg.  Die eigentliche ATSB-Bundeszentrale samt Bundesschule befand sich dagegen in Leipzig (am 25. März 1933 besetzt, Verbot und Auflösung folgten am 28. April). Vergebens hatte der ATSB-Bundesvorstand noch am 7. April erklärt: „Unsere Stellung zum neuen Staat ist getragen vom ehrlichen Willen zur Mitarbeit.“

 

 

West-Berlin: Eine Arbeitersportler-Straße

 

Der einzige ATSB-Funktionär, nach dem heute eine Straße im ehemaligen West-Berlin benannt ist, ist der damalige Geschäftsführer der Zentralkommission, Fritz Wildung (1872-1954); die Fritz-Wildung-Straße führt zum Stadion Wilmersdorf. 

Wildung, ein gelernter Tischler aus  der Lüneburger Heide, hatte in Berlin den TV Fichte mitbegründet und amtierte seit 1924 als Generalsekretär der Zentralkommission in der Reichshauptstadt. Nach 1933 unterlag er der polizeilichen Meldepflicht und soll mehrmals verhaftet worden sein. Seine Tochter Annemarie Renger (1919-2008), spätere Bundestagspräsidentin der SPD, engagierte sich nach dem Krieg lange im sog. ATUS-Freundeskreis ehemaliger Arbeitersportler, der heute nicht mehr besteht.  Wildung wurde 1946 Sportreferent der SPD und 1949 Mitglied im Nationalen Olympischen Komitee (NOK) der BRD.  Der DFB ernannte ihn 1950 zum Ehrenmitglied: Dies bedeutete eine Anerkennung der sozialdemokratischen Arbeiterfußballer, die Rotsport und jüdischer Sport damals nicht erfuhren.  

Berlin-Bezug hatte auch der ATSB-Vorsitzende Cornelius Gellert (1881-1944) als Reichstagsabgeordneter der SPD von 1930 bis 1933. Polizeilich überwacht, wurde zwar ein Verfahren wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ gegen ihn eingestellt, doch wurde er vom 1. September 1939 bis November 1940 im KZ Sachsenhausen in Oranienburg gefangen gehalten. Schwer krank entlassen, erlag er während eines Luftangriffs auf seine Heimatstadt Kassel einem Herzinfarkt.

Es gab keinen „von oben“ koordinierten Widerstand des ATSB. Die Mitwirkung in entsprechenden Organisationen war eine individuelle Entscheidung, die z. B. der aus einer sozialdemokratischen Familie stammende kaufmännische Angestellte Ludwig Hodapp (1907-1962) traf, der in verschiedenen Arbeitersport-Vereinen von Weißensee aktiv war. U. a. als Kurier betätigte er sich in der illegalen SPD-Abteilung Friedrichshain, bis ihn kurz vor Weihnachten 1933 die Gestapo verhaftete. Verurteilt wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ wurde Hodapp bis Januar 1936 im Zuchthaus Luckau (Brandenburg) gefangen gehalten. Als „Politischer“ musste er 1943 in ein „Bewährungsbataillon“ einrücken und war bis Juni 1947 in sowjetischer Gefangenschaft. Man darf annehmen, dass weitere ehemalige ATSB-Fußballer im sozialdemokratischen Widerstand aktiv waren, doch fehlen dafür derzeit noch Belege.

 

 

„Sport dient der Tarnung“

 

Die Führung von Rotsport hatte entschieden, ebenso wie die KPD ihre Organisation auch in der Illegalität aufrecht zu erhalten, was nach dem Historiker Torsten Kupfer „nur in großstädtischen Ballungsräumen möglich war“ – eben auch in Berlin mit noch verbliebenen ca. 4.500 Rotsportlern.  Kupfer: „Wenn Sport getrieben wurde, diente er meist der Tarnung der politischen Arbeit“ (s. a. www.das-kupfer.de).

 

 

Auch Rotsport: Unvorbereitet auf den Unterdrückungs-Apparat

 

Doch ebenso wie die KPD war auch Rotsport ungenügend auf die Illegalität vorbereitet. So existierten die Reichsleitungen im Berliner „Untergrund“ oft nur einige Monate.  Man hatte den brutalen Unterdrückungsapparat der Nazis unterschätzt; durch Spitzel und Folter gelang es der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) oft, Widerstandsgruppen der roten Sportler zu zerschlagen. Einer ihrer Organisatoren: „Wir haben damals schnell begriffen, dass die Illegalität im zaristischen Russland oder unter Bismarcks Sozialistengesetzen etwas anderes war als unter der Brutalität der Nazihenker. Mit sehr viel Lehrgeld haben wir erst sehr viel später das illegale Handwerk meistern gelernt.“

Ernst Grube, geb. 1890 in Neundorf (Anhalt), Leiter der Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit mit Sitz in der Berliner Münzstraße und Reichstagsabgeordneter, wurde bereits am 27. Februar 1933 verhaftet und war von 1933 bis 1939 im KZ. Nach seiner Haftentlassung arbeitete er illegal in der (Robert) Uhrig-Gruppe (größte oppositionelle Organisation Berlins), wurde erneut 1944 verhaftet und starb 1945 im niedersächsischen KZ Bergen-Belsen an Flecktyphus.

Nach Grube war das größte Stadion Magdeburgs benannt, noch trägt das in Riesa seinen Namen, ebenso Sporthallen in Leipzig (Universität) und Freiberg/Sachsen und ein Park in Berlin-Spindlersfeld. Im früheren Ernst-Grube-Stadion dort, wo zur DDR-Zeiten die BSG Rotation Berlin kickte, unterhält heute ein Hundesportverein einen Übungsplatz. In Köpenick gibt es die Ernst-Grube-Straße, auch wird er mit dem Denkmal zur Erinnerung an 96 von den Nationalsozialisten ermordete Reichstagsabgeordnete am Berliner Reichstag gewürdigt.   

Ebenfalls verhaftet wurde in der Nacht des Reichstagsbrands vom 27. auf 28. Februar Paul Zobel, geboren 1891 in Berlin, der sich mit 15 Jahren Fichte anschloss. Der spätere Redakteur wandte sich nach dem 1. Weltkrieg dem Fußball zu, war Mitorganisator des ersten deutsch-sowjetischen Spiels 1923 (Berlin – Moskau im Stadion Lichtenberg) und baute die Fußball-Sparte von Rotsport auf.  Nach seiner Entlassung aus der „Schutzhaft“ im KZ Sonnenburg (heute Slónsk, Polen) im Dezember 1933 schlug er sich als  Handlungsreisender durch und schloss sich dem kommunistischen Widerstand an. Paul Zobel, Häftlings-Nr. 94 828, starb am 22. März 1945 im KZ Dachau in Bayern an den Folgen der Folter.

1973 wurde die Paul-Zobel-Straße in Lichtenberg nach ihm benannt, eine Gedenktafel findet sich am Haus Berliner Str. 79 in Pankow, wo es auch den Paul-Zobel-Sportplatz des VfB Einheit gibt: Hermann-Hesse-Str. 80 (Gedenktafel an der Geschäftsstelle). Eine weitere Ehrung bedeutete 1981 die Tafel im Paul-Zobel-Sportheim der verschwundenen BSG Turbine Gaswerke in Köpenick. Die Oberschulen von Pankow veranstalteten viele Jahre lang ein Paul-Zobel-Sportfest.

 

 

Streuzettel von Luftballonen

 

Geschäftsführer des Arbeiter-Sport-Verlag in Berlin war Bernhard Almstadt (geb. 1897), seit 1913 Mitglied bei Fichte, beschäftigt im Sekretariat der Reichsleitung von Rotsport. Er gehörte zu den Organisatoren des Protests gegen das Deutsche Turnfest im Juli 1933 in Stuttgart (Flugblätter, Broschüren mit dem Tarn-Titel: „Letzte Anweisungen zum Deutschen Turnfest“, an Luftballonen aus Berliner Spielzeug-Geschäften befestigte Streuzettel, Parolen auf provisorischen Neckar-Booten). Weil er nicht zu fassen war, wurde stattdessen im August Ehefrau Erna Almstedt inhaftiert. Nach der Verhaftung im Oktober wurde ihr Ehemann zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt.

Wieder in Freiheit und als Leiter der Einkaufsabteilung der Deutschen Schlauchbootfabrik Berlin tätig, knüpfte er Kontakte zu Genossen, wurde als Kurier eingesetzt, organisierte Verstecke und die Versorgung untergetauchter Kommunisten. Durch Verrat konnte ihn die Gestapo am 12. Juli 1944 festnehmen. Der „Volksgerichtshof“ in Berlin (dessen „Richter“ nach der NS-Zeit bekanntlich nie belangt wurden), verhängte am 19. September das Todesurteil, das am 6. November im Zuchthaus Brandenburg-Görden vollstreckt wurde. An den Widerstandskämpfer erinnert seit 1957 die Almstadtstraße in Berlin-Mitte, irrtümlich 1951 erst Almstädtstraße benannt. 

Zusammen mit Almstadt wurde Erwin Nöldner (1913-1944), ehemals Sparta Lichtenberg (s. u.),  zum Tode verurteilt und hingerichtet. Sein Sohn Jürgen, damals drei Jahre alt, machte sich im Fußball (30 A-Länderspiele, Bronze als Mannschaftsführer 1964 in Tokio, DDR-„Fußballer des Jahres“ 1966) und Sportjournalist (Chef „Neue Fußballwoche“, später „kicker-sportmagazin“) einen Namen. Die Nöldnerstr. in Rummelsburg erhielt 1947 ihren Namen nach Erwin Nöldner,  am heutigen Nöldnerplatz gibt es seit 2010 einen Gedenkstein für den Rummelsburger Widerstand. Die Gedenktafel am Nöldner-Wohnhaus Türrschmidtstr. 16 aus den 1970er Jahren wurde 1990 entfernt, ebenso nach 1996 eine Ersatztafel, sowie die Erinnerung an seine Arbeitsstelle Rennbahnstr. 3 in Weißensee (Ersatz dafür die Gedenkstele Liebermannstr. 30). 

Durch einen Spitzel, ein erpresstes Geständnis eines Funktionärs und langwierige Überwachung (u.a. Fotos von Treffen) konnte die Gestapo im Januar 1935 350 Rotsportler habhaft werden. Angeklagt wurden auch Gerhard Böhm und Helmut („Helle“) Böhm, die das Fachamt Fußball Gau 3 Brandenburg daraufhin am 2. Oktober ausschloss, und Rudolf Wittenberg, ehemals Kassierer einer Fußball-Abteilung von Fichte, der seine Wohnung für geheime Treffen zur Verfügung gestellt hatte. Die Böhm-Zwillinge hatten in einer riskanten Aktion in der Baumschulenstraße ein Transparent „Nieder mit Hitler!“ angebracht. 

 

 

Versteck für einen Fallschirmspringer

 

Im SV Sparta Lichtenberg 1911, der 1931 das Endspiel um die Rotsport-Meisterschaft erreichte, hatten sich der Schlosser und Fußballer Felix Tucholla (geb. 1899) und seine spätere Frau, die Sekretärin und Hockey-Spielerin Käthe Scheffler (geb. 1910), kennen gelernt. Felix gehörte seit 1928 der KPD an. Seine Frau wurde am 25. Juli 1942 verhaftet, der Ehemann drei Tage später. Beide hatten in der Uhrig-Gruppe (s. o.) am Widerstand teilgenommen und u. a. den 1942 mit dem Fallschirm in Ostpreußen abgesprungen Kundschafter der Roten Armee Erwin Panndorf versteckt.

Der Volksgerichtshof verhängte am 17. August 1943 das Todesurteil. Im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee wurde Felix Tucholla im Alter von 44 Jahren am 8. September 1943 hingerichtet, seine Ehefrau Käthe (33) am 28. September 1943. Der Victoria-Platz im „Kaskelkiez“ erhielt 1953 den Namen Tuchollaplatz. Am Wohnhaus des Ehepaars, Kaskelstr. 41, ist eine Gedenktafel angebracht. Im Käthe-Tucholla-Stadion in Berlin-Niederschönweide spielt der SSV Köpenick-Oberspree, im Hof der Schule Nöldnerstr. 44 gibt es einen Gedenkstein.

 

Ebenfalls von Sparta Lichtenberg stammte der Fußballer Johannes (Hans) Zoschke, 1937 bis 1942 beim SC Empor Lichtenberg aktiv, den „Spartaner“ nach dem Verbot ihres Klubs 1933 gegründet haben sollen. Er versteckte in seiner Wohnung im Winter 1941/42 für einige Wochen den Instrukteur der illegalen KPD, Alfred Kowalke (1907-1944). Zoschke wurde am 24. Oktober 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichtet. 1952 erhielt das Stadion Normannenstraße den Namen „Hans-Zoschke-Stadion“ (heute „HOWOGE-Arena „Hans Zoschke““). Die Gedenktafel am Stadion wurde 2005 entwendet und 2007 wieder angebracht. In Karlshorst erhielt 1976 die Ohm-Krüger-Str. von 1908 seinen Namen. 

Wenig bekannt ist über Alfred Netzeband (geb. 1902), den Leiter der Märkischen Spielvereinigung (Fußball) von Sparta Lichtenberg, außer dass er 1920 Mitglied der KPD wurde, sich nach dem Krieg in der SED (Landessekretariat), im Deutschen Turn- und Sport-Bund (DTSB) und der Volkssolidarität in der DDR engagierte.

Wie eingangs erwähnt, gab es insbesondere in Ostberlin zahlreiche Gedenktafeln für Antifaschisten. Volker Hobrack, Vorsitzender der Gedenktafel-Kommission im Bezirk Mitte: „Leider ist festzustellen, dass die meisten dieser Tafeln in Berlin abhanden gekommen sind, vor allem in den Monaten vor der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990“ (s. oben). Zeitweise brachten Anwohner „provisorische Gedenktafeln“ an, so in Friedrichshain, in anderen Fällen verweigerten Hausbesitzer die Erinnerung an den Widerstand.

 

 

Name und Tafel weg – und wieder da

 

Entfernt waren nach der Wende zeitweise auch das Namensschild „Helmuth-Behrendt-Schwimmhalle“ am Springpfuhl Marzahn sowie die Büste des Namensgebers. Helmuth Behrendt (1904-1985) hatte im ostpreußischen Königsberg 1919 bis 1922 im bürgerlichen Klub SC Concordia 1911 Fußball gespielt und sich danach dem dortigen Arbeiter-Rasensportverein angeschlossen, von wo er 1925 zu einem Lehrgang an die Leipziger ATSB-Bundesschule berufen wurde.  Nach seiner Übersiedlung nach Berlin war er von 1929 bis 1933 als linker Läufer Stammspieler bei Fichte Südost. Er flüchtete in die Sowjetunion und wurde nach seiner illegalen Rückkehr nach Deutschland 1935 zu einer siebenjährigen Zuchthausstrafe verurteilt. Nach Verbüßung der Strafe in den Zuchthäusern Luckau und Brandenburg wurde Behrendt bis 1945 in den KZ Sachsenhausen, Mauthausen und Bad Ebensee/Salzkammergut (beide in Österreich) gefangen gehalten.

Herbert Behrendt überlebte und engagierte sich beim Wiederaufbau des Sports in der SBZ bzw. DDR: Mitarbeit im Deutschen Sportausschuss Abteilung Fußball, Vizepräsident des Deutschen Fußball-Verbandes (DFV), 1952 bis 1973 Generalsekretär des NOK. Der gelernte Elektriker war 1978 der erste DDR-Bürger, der den Olympischen Orden des IOC erhielt. Zu seinem 20. Todestag 2005 wurden Namensgebung und Büste an der Schwimmhalle Marzahn wieder hergestellt.

 

 

Weißer Fleck der DDR-Geschichtsschreibung

 

Keine Würdigung in der DDR erfuhr die Mitte 1930 entstandene Freie Sportvereinigung Fichte (FSF), die auf dem Sportplatz Katzbachstraße in Kreuzberg Fußball spielte. Franz Cerny, einer ihrer Initiatoren, hatte die auf die SPD gemünzte Sozialfaschismus-These der Kommunisten abgelehnt und war in der KPD (O) (KPD-Opposition) aktiv; KPD und Rotsport hatten ihn ausgeschlossen. Aus der 11. Abteilung des ASV Fichte heraus entstand die dem ATSB zugehörige FSF, in der sich auch Anhänger des Sozialistischen Arbeiter-Partei (SAP) und Trotzkisten sammelten. Nach dem Verbot 1933 gründeten die Fußballer den SC Südwest, Einzelne spielten bei Schwarz-Weiß Schöneberg, bis 1935 der Sport-Club Südring Kreuzberg entstand.

 

 

„Seinem Erbe bis heute verpflichtet“

 

Franz Cerny war zu diesem Zeitpunkt bereits verhaftet, sein Urteil lautete im April 1935 auf 2 ½ Jahre Zuchthaus. 1939 musste der Kürschner als „Politischer“ in das „Bewährungsbataillon 999“ einrücken. In Griechenland unternahm er den Versuch, mit Kameraden zu den Partisanen überzulaufen, doch seine Absicht wurde verraten. Am 1943 wurde Franz Cerny in Anomanolas erschossen. „Wir fühlen uns seinem Erbe bis heute verpflichtet“, liest man auf der website von BSC Eintracht/Südring, dem größten Kreuzberger Sportverein.

Werner Skrentny

 

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© Christian Wolter

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