Das Fußballturnier der III. Arbeiter-Olympiade 1937 in Antwerpen 

 

Die III. und letzte Arbeiter-Olympiade fand vom 25. Juli bis 1. August 1937 im belgischen Antwerpen statt. Es beteiligten sich 14.000 Arbeitersportler aus 15 Ländern. Der Arbeitersport war zu dieser Zeit bereits in Deutschland (1933), Österreich und Lettland (beide 1934) verboten worden und auch in Estland durch einen Ausnahmezustand mit diktatorischen Maßnahmen (1934) nicht mehr präsent. 

Zusätzlich überschatteten der spanische Bürgerkrieg und die damit verbundene instabile politische Lage in Europa die Spiele. Den polnischen und ungarischen Arbeitersportlern wurde die Einreise nach Belgien verweigert. So war es nicht verwunderlich, dass die Teilnehmerzahl deutlich unter der des Fußballturniers der Wiener Arbeiter-Olympiade 1931 blieb. 

 

 

Die gepannte politische Lage hatte offenbar auch Einfluss auf die Berichterstattung, so dass wichtige Informationen wie Aufstellungen, Ergebnisse bzw. Halbzeitstände, Zuschauerzahlen, Torschützen und Schiedsrichter-Besetzungen teilweise nicht vorliegen.
Von nachfolgenden Auswahlen sind die Aufgebote bekannt: Schweizer Arbeiter-Sportverband (SATUS), sudetendeutscher Arbeiter-Turn- und Sportbund-Union (ATUSU) als Vertreter der Tschechoslowakei. Norwegens Arbeidernes Idrettsforbund (AIF), Finnlands Työväen Urheiluliitto (TuL) und Sowjetunion. Auch sind zwei Fußballer des Nederlandse Arbeiders Sportbond (NASB), nämlich G. Spijer und P. Poort sowie der spanische Torwart Matorell namentlich überliefert.

 

 

Erstmals nahmen an dieser Olympiade zwei Landesverbände teil, die der kommunistischen Roten Sport-Internationale (RSI) angehörten, obwohl der Olympia-Ausrichter, die Sozialistische Arbeitersport-Internationale (SASI), sozialdemokratisch orientiert war. Die beiden RSI-Delegationen kamen aus der UdSSR und der Spanischen Republik. Die Olympia-Teilnehmer USA und Algerien stellten keine Fußball-Teams. 

Fußballerisch wurde die Sowjetunion durch den Hauptstadtclub Spartak Moskau (plus 5 Mann Verstärkung) vertreten, während die spanische Auswahl vorwiegend aus Katalanen bestand. Beider Teilnahme war nicht unumstritten; so wurde berichtet, dass die Holländer, von denen als Nachbarland Belgiens eine große Teilnehmerzahl erwartet wurde, ihr Aufgebot daraufhin von 4-5000 auf etwa 700 erheblich reduziert hätten. Auch hatten die Schweizer Zweifel am Amateurstatus der Russen und Besorgnis wegen möglicher Propaganda für das Sowjet-Regime angemeldet.

 

 

Im Dezember 1934 hatten sich schon in Frankreich die kommunistischen und sozialistischen Arbeitersportler in einem Verband zusammengeschlossen. 1935 ging die kommunistische Organisation Englands, die National Workers Sports Association, in der sozialistischen British Workers Sports Federation auf. Dasselbe passierte 1936 in der Schweiz, als sich die kommunistische Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit (KGS) dem sozialistischen SATUS anschloss. Eine Entwicklung, die nicht gerade für die Stabilität der RSI sprach.

 

Vorrundenspiel Sowjetunion – Dänemark (8:0), die Sowjets mit weißem Bruststreifen

 

Im Rahmenprogramm des Fußballturniers, dass vom 29. Juli bis zum 1. August stattfand, gab es wie bei den beiden Vorgängerolympiaden (1925 in Frankfurt/Main und 1931 in Wien) Freundschaftsspiele, an denen auch deutsche, italienische, österreichische, ungarische und estnische Emigrantenmannschaften teilgenommen haben sollen.

Der Turnier-Modus sah vor, dass je sechs Länder in zwei Gruppen in Ko.-Spielen jeweils einen Finalisten ausspielten. Folgende Gruppen wurden ausgelost:

  • Gruppe A: Holland, Schweiz, Finnland, Norwegen, Palästina, Tschechoslowakei 
  • Gruppe B: Spanien, Frankreich, England, UdSSR, Dänemark, Belgien

Erstmals gab es neben dem Finale ein Spiel um den 3. Platz. Die Verlierer der ersten Runde konnten in einer Trostrunde weiterspielen. 

Als Plätze standen das Antwerpener Olympiastadion von 1920 (Stade de l'Antwerp) und die Plätze von Racing Club und Tubantia aus dem Antwerpener Stadtteil Borgerhout zur Verfügung. 

 

Die katalanische Auswahl die für Spanien antrat und Platz 3 errang

 

1. Runde, Donnerstag, Gruppe A

  • 10 Uhr: Holland – Tschechoslowakei 2:5 (1:3), Racing-Platz, Schiedsrichter: Boone (Frankreich)
  • 10 Uhr: Schweiz Finnland 3:2 (2:0, 2:2) n.V., Tubantia-Platz, SR: Stoff (Belgien)
  • 16 Uhr: Norwegen Palästina 7:1 (6:1), Tubantia-Platz, SR: Henry Nielsen (Kopenhagen)

Gruppe B

  • 14 Uhr: Frankreich – England 3:0 (2:0), Tubantia-Platz, SR: Olsen (Norwegen)
  • 15 Uhr: Spanien – Belgien 2:0 (1:0), Racing-Platz, SR: Minnig (Schweiz)
  • 17 Uhr: Sowjetunion – Dänemark 8:0 (6:0), Stade de l'Antwerp, SR: van Steenbergen (Belgien)1)

Fazit der ersten Runde: Eine echte Überraschung war das Ausscheiden der Engländer gegen die schwächer eingeschätzten Franzosen. Auch die Niederlage der Finnen gegen die Eidgenossen war nicht unbedingt zu erwarten. Wie auch immer, es hatte sich „die Spreu vom Weizen“ getrennt.

 

2. Runde, Freitag, Gruppe A

  • Die Tschechoslowakei zog wegen des Ausfalls der Ungarn kampflos in die 3. Runde ein.

  • 18 Uhr: Norwegen – Schweiz 5:0 (4:0), Stade de l'Antwerp, SR: Evrard (Belgien)

Gruppe B

  • Spanien zog wegen des Ausfalls der Polen kampflos in die 3. Runde ein.
  • 17 Uhr: Sowjetunion – Frankreich 7:1, Tubantia-Platz, SR: Dekker (Holland)2)

 

3. Runde, Sonnabend, Gruppe A

  • 16 Uhr: Norwegen – Tschechoslowakei 3:1, Stade de l'Antwerp

Gruppe B

31.7.-18 Uhr: Sowjetunion  Spanien 2:0, Stade de l`Antwerp3)

 

Programmgemäß setzten sich in den Gruppenspielen um den Finaleinzug die Turnierfavoriten aus der UdSSR und Norwegen durch.

 

Trostrunde am 30. und 31. Juli (Belgien und Holland schieden durch Los aus.) 

  • Freitag, 10 Uhr: Finnland Palästina Abbruch, Racing-Platz, SR: Jorgensen (Dänemark) Nachdem palästinensische Spieler den Schiedsrichter beim Stand von 1:1 attackierten, brach dieser das Spiel ab. Es wurde 5:0 zugunsten Finnlands gewertet. 
  • Freitag, 15 Uhr: Dänemark England 1:2, Racing-Platz SR: van den Eynde (Belgien)
  • Finale am Sonnabend: England Finnland 2:1, Tubanita-Platz

 

Spiel um Platz 3 am Sonntag, den 1. August

  • 14 Uhr: Spanien Tschechoslowakei 2:1, Tubantia-Platz

 

Endspiel am 1. August

  •  18 Uhr: Sowjetunion – Norwegen: 2:0, Stade de l'Antwerp, 25.000 Zuschauer; Sowjetunion (rotes Spartak-Dress mit weißem Brustring und weiße Hose) mit Anatoli Akimow, Konstantin Malinin (CDKA Moskau), Viktor Sokolow, Sergej Artemjew, Alexander Starostin, Pjotr Starostin, Michail Dmitriew (Spartak Charkiew), Georgi Glazkow, Nikolai Starostin, Pjotr Terenkow (Lok Moskau), Grigori Fedotow (Metallurg Moskau); Tore: Fedotow, Pjotr Starostin. 

Norwegen (Blau-Weiß) mit Hugo Karlsen (Rapid Moss) im Tor, Leopold Krupp (Sagene Oslo), Thormod Jensen (Slemmestad), Gustav Rehn (Reidulf Oslo), Gunnar Heintz (Sprint Moss), Magnus Johannessen (Buöy Stavanger), Hjalmar Sörensen (Sprint Moss), Jacob Johannsen (Sparta Sapsborg), Annar Simensen (Sagene Oslo), Odd Larsen (Sparta Sapsborg), Öivind Hansen (Spartacus Oslo)

 

Die Fußball-Auswahl der Sowjetunion im Olympia-Stadion Antwerpen, 1937

 

Die Sowjet-Mannschaft errang in vier Spielen vier Siege bei einem Torverhältnis von 19:1. Rekord-Schütze des Turniers war Viktor Semenow mit 6 Treffern. Ähnlich erdrückend war die sowjetische Dominanz im gesamten Olympia-Programm mit 14 Goldmedaillen in den Einzeldisziplinen. Jeder sowjetische Sportler gewann mindestens eine Medaille!

In der Literatur taucht immer wieder der Vorwurf auf, die Sowjetunion habe extra zum Endspiel zwei Ersatzleute einfliegen lassen. Aufgrund der vorliegenden Aufstellungen lässt sich dies nicht bestätigen. Neu zur Manschaft stieß demnach nur der sowjetische Turner Michail Dmitriew hinzu, der allerdings von Anbeginn zur sowjetischen Delegation gehörte und bei der Antwerpener Olympiade zuvor bereits als Turner Silber gewonnen hatte. Seine Berufung zum Endspiel erfolgte, weil er außerdem bei Dynamo Charkiew Fußball spielte. 

Die III. Arbeiter-Olympiade war zugleich die letzte. Die für 1943 in Helsinki geplanten IV. Olympischen Spiele der Sozialistischen Arbeitersport-Internationale fanden aufgrund des Zweiten Weltkrieges nicht mehr statt.

 

***

 

 

1) Sowjetunion gegen Dänemark mit Anatoli Akimow, Alexander Starostin, Viktor Sokolow, Sergej Artemjew, Andrej Starostin, Pjotr Starostin, Viktor Schilowsky (Dynamo Kiew), Viktor Stepanow, Viktor Semenow, Pjotr Terenkow (Lok Moskau), Grigori Fedotow (Metallurg Moskau); Tore: Semenow 5, Stepanow, Terenkow, Schilovsky

2) Sowjetunion gegen Frankreich mit Iwan Ryzhow, Viktor Sokolow, Konstantin Malinin (CDKA Moskau), Sergej Artemjew, Pjotr Starostin, Georgi Glazkow, Nikolai Starostin, Viktor Stepanow, Viktor Semenow, Pjotr Terenkow (Lok Moskau), Grigori Fedotow (Metallurg Moskau); Tore: Fedotow 2, Stepanow 2, Semenow, Nikolaj Starostin, Terenkow

3) Sowjetunion gegen Spanien mit Anatoli Akimow, Konstantin Malinin (CDKA Moskau), Viktor Sokolow, Sergej Artemjew, Alexander Starostin, Pjotr Starostin, Viktor Schilowsky (Dynamo Kiew), Grigori Glazkow, Viktor Stepanow, Pjotr Terenkow (Lok Moskau), Grigori Fedotow

 

Quellen und weiterführende Links:

 

Rolf Frommhagen

 

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