Sportanlage "Tonschacht" in Magdeburg-Westerhüsen

 

Wer des öfteren mit dem Zug von Magdeburg nach Süden fährt und auf alte, stimmungsvolle Fußballplätze steht, dem ist vielleicht schon einmal die Sportanlage Tonschacht mit ihrem großen, eigenartigen Zuschauerwall aufgefallen.

 

 

Die Anlage liegt auf dem Gelände einer ehemaligen Tongrube in den Westerhüsener Wellenbergen, und erbaut hat sie die Freie Turnerschaft Magdeburg-Südost. Zur Finanzierung gab der Verein ideelle "Bausteine" heraus. Die auf ihnen aufgedruckte Devise "Ist auch das Ziel noch etwas weit  –  Wir scheuen nicht die Schwierigkeit. Wir werden es erreichen!erfüllte sich nach zweijähriger Bautätigkeit.

 

Jugendmannschaft mit Trainer der Freien Turnerschaft Magdeburg-Südost um 1927 auf der vereinseigenen Stadion-Baustelle (Klaus Dittmann, ESV Lok Südost Magdeburg)

 

Doch bis es soweit war mussten gewaltige Erdmassen bewegt werden. Hier sieht man die Freien Turner bei der Planierung des Platzes, wozu erst einmal dieser 12 Meter hohe Berg abzutragen war. Natürlich ohne Bagger und Planierraupen, nur mit Muskelschmalz und Schiebeloren!

 

 

Am 17. Juni 1927 öffnete der Sportplatz dann erstmals feierlich seine Pforten. Außer der Freien Turnerschaft Südost spielte hier noch der Handballverein TV Westerhüsen und der vom DFB zum Arbeitersport gewechselte FC Germania Südost.

 

 

Die weit ausladende Zuschauertribüne ist vermutlich schon etwas unter ihrem eigenen Gewicht zusammengesackt. Früher dürfte sie steiler und noch beeindruckender gewesen sein. Trotzdem darf man sich bei ihrem Anblick ruhig an die Hohe Warte in Wien erinnert fühlen.

 

 

Zwei Treppen akzentuieren den Zuschauerhang. Sie führen hinauf zu einem weiteren Fußballfeld, das ebenfalls noch die Arbeitersportler angelegt hatten und auf dem sich einst der bereits erwähnte FC Germaia Südost tummelte. 

 

 

1933 enteigneten die Nazis das Sportgelände. Ab 1942 betrieb hier das Chemiewerk Fahlberg-List das Zwangsarbeiterlager "Diana". Dessen Insassen kamen aus der Sowjetunion, aus Polen, Frankreich, Italien und Belgien. Bis zur Befreiung starben etwa 800 von ihnen. Heute erinnert eine Marmorstele an ihre Schicksale. 

 

 

Zu DDR-Zeiten spielten hier die BSG Chemie und vor allem die BSG Lok Südost, die im Westerhüsener Arbeitersport wurzelt. Neben den Eisenbahnern ist hier seit 2010 der Baseball-Verein Magdeburg Poor Pigs ansässig, dessen Spielfeld vor dem Zuschauerwall liegt. 

Wenn Ihr also mal nach Magdeburg-Westerhüsen kommt, so schaut doch mal auf dieser stimmungsvollen Anlage vorbei. Mit etwas Glück erwischt Ihr auch ein Spiel der Poor Pigs und könnt es von der vermutlich größten je von deutschen Arbeitersportlern angelegten Zuschauertribüne aus genießen!

 

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Sportanlage "Tonschacht", Holsteinstraße 8, 39122 Magdeburg, Tel. 0391/4046529

Historisches Bildmaterial: Rolf Frommhagen. Für die aktuellen Platzfotos vielen Dank an Thomas Schips von europlan-online.de!

 

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© Christian Wolter

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