Die Entwicklung des österreichischen Arbeiterfußballs lief in einigen Punkten sehr unterschiedlich zum deutschen ab. So organisierte er
sich erst nach dem Ersten Weltkrieg im damaligen VAS (Verband der Arbeiter- und Soldatensport-Vereinigung Österreichs). Die darin organisierten Vereine waren sozialdemokratisch
orientiert, namen aber vorerst ganz normal an den Wettbewerben des Österreichischen Fußball-Verbandes teil; sie spielten also in einem der FIFA angeschlossenen Verband!
Der VAS erlangte aber nach und nach Mehrheiten in allen wichtigen ÖFV-Gremien. Das führte zu ständigen Überstimmungen der linken
über die bürgerlich-unpolitischen Vereine. Ein Ausgleich war so nicht möglich und von den Mehrheitlern wohl auch kaum beabsichtigt.
Gegen die Ablehnung des VAS führten die führenden Wiener Vereine des bürgerlichen Lagers in der Sommerpause 1924 den
Professionalismus ein. Die Wiener Liga war damit die erste offizielle Meisterschaft für Profifußball außerhalb Großbritanniens. Ebenfalls 1924 enstand als Nachfolger des VAS der
VAFÖ (Freie Vereinigung der
Amateur-Fußballvereine Österreichs).
Die unpolitschen ÖFV-Mitglieder organisierten sich neu im Allgemeiner Österreichischer Fußballbund (AÖFB, heute ÖFB), welcher als Neugründung dem linksdominierten Verband übrigens die FIFA-Mitgliedschaft abkaufen musste. Österreichs Fußball bekam diese reinliche Scheidung gut, die Donaurepublik gehörte seinerzeit im bürgerlichen wie im proletarischen Lager zu den führenden Fußballnationen
Europas.
Weitere Unterschiede zwischen dem Arbeiterfußball dies- und jenseits der Alpen war der Umstand, dass die Österreicher nicht nur
Meisterschaften, sondern auch Pokal-Konkurrenzen austrugen, aber jeweils nur auf Bundesland-Ebene. Es gab also nicht wie im ATSB einen alljährlichen Bundesmeister, sondern nur mehrere
Landesmeister.
Österreichs Arbeitersport hielt sich nur ein Jahr länger als der deutsche, und mit den Bürgerkriegs-Ereignissen vom Februar 1934 und dem Austro-Faschismus kam das Ende der austro-marxistischen Fußball-Aktivitäten. Nach Kriegsende lebte der SPÖ-nahe Breitensportverband ASKÖ wieder auf und
existiert bis heute. Zahlreiche einstige Arbeiterfußball-Vereine bestehen ebenfalls noch, sind aber im normalen Spielbetrieb des ÖFB organisiert.
Länderspiele der österreichischen Arbeiter-Fußballauswahl
Das erste Länderspiel österreichischer Arbeiterfußballer war ein inoffizielles. Im Fußball-Turnier zum I. Österreichischen
Arbeiter-Turn- und Sportfest 1926 in Wien traten Mitglieder des Wiener Arbeiter-Schwimm-Vereins als Österreich-Vertretung gegen Polen an, verloren 1:4 und schieden damit aus. Erst 1927 trat die
offizielle VAFÖ-Auswahl in Erscheinung.
1927
- 18. 4. Österreich – Deutschland 1:3 (1:0),
"mehr als 30.000", Hohe Warte Wien
- 5. 6. Österreich – England 1:2 (1:1),
"schlechte Witterung ... kaum 5000", Hohe Warte, Wien
- 8. 6. Österreich – England 4:0 (2:0),
"Blitz und Donner ... 2000), Platz des Wiener AC
- 27. 7. Österreich – Sowjetunion 3:1 (2:1)
in Dresden, 10.000, Ilgen-Kampfbahn
- 29. 7. Österreich – Sowjetunion 1:6 (1:3),
15.000 im Stadion des VfL Südost Leipzig
- 24. 9. Tschechoslowakei – Österreich 1:6
(1:2), 5000 in Aussig (Ústí nad Labem)
- 25. 9. Tschechoslowakei – Österreich 0:8 (0:3),
3000 "bei strömendem Regen", Karlsbad (Karlovy Vary)
1928
- 7. 6. Österreich – Belgien 6:2 (3:1),
10.000, Platz des Zentralverein Wien
- 1. 7. Deutschland – Österreich 2:5 (2:2),
15.000. Städtisches Stadion Nürnberg
- 29. 9. Österreich – Russland 0:2 (0:0), 8000.
Platz von Rapid Wien
- 16. 12. Deutschland – Österreich 3:6 (1:4),
"10.000" (tatsächlich 3308 zahlende Zushauer), Berliner Post-Stadion
1929
- 1. 6. Österreich – Deutschland
5:3 (2:0), Rapid-Platz Wien-Hütteldorf, 7000
- 28. 6. Deutschland – Österreich 2:2
(1:1), Sportplatz West, Bielefeld, 7746
- 30. 6. Belgien – Österreich 0:2 (0:1), 800 in
Boom bei Mechelen
- 7. 9. Österreich – Tschechoslowakei 1:3 (0:1) in
Wien, Zentralvereins-Platz Wien
- 8. 9. Deutschland –
Österreich 4:3 (0:2), 5061, Schlesier-Kampfbahn Breslau (Wrocław)
1930
- 3. 5. Deutschland – Österreich 4:5 (1:1),
10.000, Waldstadion Frankfurt/Main
- 4. 5. Deutschland – Österreich 1:1 (0:0),
8000, Radrennbahn Köln-Müngersdorf
4-Länderturnier der Sozialistischen Arbeitersport-Internationalen zur Weltausstellung in Antwerpen:
- Vorrunde am 31. 5. Österreich – Tschechoslowakei
2:1 (1:1) , Zuschauerzahl n.b. (2. Spiel Belgien – Deutschland 4:4, Halbzeit 3:2,
Stadion des St. Ignatius SC in Antwerpen-Riverenhof, 2500 Zuschauer, Belgien durch Losentscheid im Finale)
- Endspiel am 1. 6. Belgien – Österreich 3:6
(1:4), 7000, Stadion des St. Ignatius SC Antwerpen (Österreich erhielt damit den von der Stadtgemeinde für den Turniersieger gestifteten
Pokal.)
Turnier zum 2. Fest des deutschböhmischen Arbeiter-Turn- und Sportverbandes
- 4. 7. Deutschland –
Österreich 2:2 (0:0), 2000, Gemeindesportplatz Eichwald-Zuckmantel (Dubí-Pozorka)
- 6. 7. Tschechoslowakei – Österrreich 1:0
(0:0) in Aussig (sowie Deutschland Tschechoslowakei 4:3 am 5. 7., Deutschland damit Turniersieger)
- 27. 7. Polen – Österreich 1:2 (0:2) in
Warschau
4-Länderturnier zum 6. Sportfest des Lettischen Sport- und Schutzbundes
- 31. 7. Lettland – Österreich 2:4 (2:2),
IKS-Platz Riga
- 3. 8. Estland – Österreich 1:4 (1:1), IKS-Platz
Riga (Österreich verzichtete auf das Finale gegen Deutschland)
- 7. 8. Finnland – Österreich 0:3 (0:2) in
Helsinki
- 6. 9. Österreich – Ungarn 4:1 (1:1), 5000,
Platz von Wacker Wien
- 1. 11. Österreich – Deutschland 3:1 (2:0), 8000,
Karl-Volkert-Platz Wien-Ottakring
- 2. 11. Österreich – Deutschland 6:2 (5:1),
3000, Platz des SC RAG Wien
1931
- 16. 5. Palästina – Österreich 2:3 in Tel
Aviv
- 17. 5. Palästina – Österreich 1:1 (0:0) in
Tel Aviv
- 21. 6. Ungarn – Österreich 2:3 (0:1), 4000,
Milleniums-Platz Budapest
Spiele beim Turnier der II. Arbeiter-Olympiade in Wien
- 1. Gruppenspiel am 23. 7. Österreich –
Finnland 5:1 (2:1), 3500, Karl-Volkert-Platz
- 2. Gruppenspiel am 24. 7. Österreich – Schweiz
8:1 (5:0), 2500, Karl-Volkert-Platz
- Halbfinale am 25. 7. Österreich – Belgien
6:2 (2:1), 35.000 (Wiener Sport-Tagblatt) bzw. 50.000 (laut Wiener
Arbeiter-Zeitung) Zuschauer, Praterstadion
- Finale am 26. 7. Österreich – Deutschland 3:2
(0:0), 60.000, Praterstadion
- 24. 10. Österreich – Ungarn 1:0 (0:0),
3000, Karl-Volkert-Platz
- 25. 10. Österreich – Ungarn 2:3 (1:0), 2000,
Karl-Volkert-Platz
1932
2. 7. Deutschland – Österreich 2:5 (1:1),
12.000, Hessen-Kampfbahn Kassel
3. 7. Deutschland – Österreich 5:4 (3:2)
6468, Stadion Hannover-Linden
6. 7. Dänemark – Österreich 1:4 (1:2) in
Kopenhagen
8. 7. Norwegen – Österreich 4:2 (2:0), 8000,
Oslo
1932/33
Vorrunde um die Fußball-EM der Sozialistischen Arbeitersport-Internationale
Mitteleuropa-Gruppe:
- 25. 9. Deutschland – Österreich 0:1 (0:1), Ilgen-Kampfbahn Dresden, „über
30.000“
- 6. 1. Österreich – Ungarn 4:4 (4:3), 8000,
Karl-Volkert-Platz
- 8. 1. Ungarn – Österreich 1:3 (0:1), 12.000, Platz des Favoritener AC in Wien
- 30. 4.
Tschechoslowakei – Österreich 2:6 (1:4) in Karlsbad
- 1. 5. Tschechoslowakei – Österreich 4:2 (2:2), 4500 in Bodenbach (Podmokly bzw. Děčín IV)
- 29. 5. Österreich – Polen 6:1 (3:0), 8000, Karl-Volkert-Platz
- 26. August
Polen – Österreich 1:4 (1:1), 10.000 in Warschau
- Freundschaftsspiel am 27. 8. 1933 Polen – Österreich 2:4 (1:2), 5000, Sosnoviec,
letzter Auftritt der Arbeiter-Fußballuswahl Österreichs